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10.02.2015 Redaktion agrajo

Prüfungsangst Teil 1: Woher kommt die Prüfungsangst?

Es begann ganz plötzlich. Maike denkt heute mit Schrecken an ihre mündliche Ackerbau-Prüfung zurück: Plötzlich war alles weg, totaler Blackout. Ich konnte mich einfach an nichts mehr erinnern. Zitternd, schwitzend und mit hämmerndem Herzen saß sie auf ihrem Stuhl und versuchte stammelnd die Fragen ihres Dozenten zu beantworten. Irgendwann war die Prüfung vorbei. Die Angst aber blieb. In der folgenden Zeit drängte sich die Panik immer stärker in ihr Leben ein. Schon während der Prüfungsvorbereitung war ich ein richtiges Wrack. Meine Gedanken drehten sich nur noch um den anstehenden Test. Aus Angst vor Wissenslücken entwickelte ich mich zur panischen Paukerin und habe fast ohne Unterbrechung gelernt.

Dass Maike mit diesem Problem nicht allein ist, zeigt der Blick in die Statistik: So schätzt der Psychologe und Autor des Ratgebers Ohne Prüfungsangst studieren, Holger Walther, dass mindestens jeder zehnte Student schon einmal massive Prüfungsängste erlebt habe. Einer Studie des Deutschen Studentenwerks zufolge, ist die Zahl der psychologischen Beratungen seit 2007 um ein Viertel gestiegen. Prüfungsangst sei dabei eine der Hauptsorgen der Beratungssuchenden. Erschreckend hoch ist auch der Anteil derer, die Psychopharmaka einnehmen: Bei ganzen 10 % der an Studenten verschriebenen Medikamente handle es sich um Antidepressiva, so das Ergebnis einer Studie der Techniker Krankenkasse. Ihr Konsum sei in den letzten vier Jahren um 55 % gestiegen.

Aber Prüfungsangst schadet nicht nur dem Studienerfolg des Einzelnen, sondern belastet auch das ganze Hochschulsystem. Prüfungsangst trägt dazu bei, dass sich die Studienzeiten verlängern und die Abbruchquoten steigen. Immerhin verlässt fast jeder dritte Student die Hochschule ohne Abschluss. Im Bereich der Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften liegt die Studienabbruchquote bei 21 % (FH) bzw. 33 % (Uni).

Ein Grund für die Zunahme der Prüfungsangst ist in den veränderten Studienbedingungen zu sehen. Durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengange, in denen fast jedes Modul mit einer Prüfung abgeschlossen wird, hat sich die Anzahl der abzulegenden Prüfungen drastisch erhöht. Zudem zählt nun fast jede Prüfungsleistung für die Endnote. Das erhöht den Druck enorm. Dazu kommen gestraffte Stundenpläne, ständige Prüfungsphasen sowie häufig auch finanzielle Engpässe und die Angst vor schlechten Berufsaussichten.

Gründe für die Prüfungsangst

Häufig setzen sich die Studenten aber auch selbst unter Druck, weil sie zu hohe Erwartungen an sich stellen. Vor allem die sehr leistungswilligen und selbstkritischen Menschen sind gefährdet. Sie neigen häufig dazu, ihre physischen und psychischen Grenzen zu missachten. Gerade in Prüfungszeiten hat das oft zur Folge, dass sie sich zu wenige Ruhephasen gönnen. Ein Fehler, denn die mangelnde Erholung erhöht den Stresslevel und dieser steigert das Angstgefühl: Die Katze beißt sich in den Schwanz.

Hinter der Panik können sich aber auch tieferliegende Störungen verbergen. Wer etwa bereits in seiner Kindheit beigebracht bekam, das eigene Selbstwertgefühl in Abhängigkeit von seiner Leistung zu definieren, neigt später eher zu Prüfungsangst. Auch ein traumatisches Erlebnis, wie der Tod eines Angehörigen, kann eine solche Angst auslösen. Wenn aufgrund dieser Erfahrungen das Angstgefühl solche Ausmaße annimmt, dass der Alltag stark darunter leidet, ist meist der Rat eines professionellen Therapeuten notwendig.

Evolutionsgeschichtlich erfüllt Angst eine wichtige Funktion: Sie dient dazu, in unserem Körper eine Reihe von Stresshormonen und Botenstoffen freizusetzen (vor allem Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Cortisol), um uns damit in die Lage zu bringen, uns vor einer nahenden Bedrohung zu schützen. In dieser Situation wird unsere Wahrnehmung darauf reduziert, was für eine Flucht oder für einen Kampf notwendig ist. Die meisten Menschen sind vor Prüfungen wenigstens ein bisschen nervös und das ist auch gut so. Denn ein gewisses Maß an Aufregung schärft die Aufmerksamkeit, steigert die Konzentrationsfähigkeit und wirkt somit leistungssteigernd. Doch ein Zuviel an Stresshormonen lähmt die Konzentration und das Erinnerungsvermögen.

Doch wenn auch eigentlich jedem klar ist, dass eine Prüfung keine lebensbedrohliche Situation darstellt, reagieren Menschen, die unter Prüfungsangst leiden, mit genau den gleichen Symptomen, als würden sie in einer dunklen Gasse dem Kettensägen-Mörder begegnen. Nur warum? Unser Gehirn wird pro Sekunde mit ca. 400 Mrd. Bits an Informationen bombardiert. Von dieser unvorstellbaren Informationsflut filtert unser Gehirn die wesentlichsten Informationen heraus, und lässt nur rund 2.000 Bits pro Sekunde in unser Bewusstsein gelangen. Diese Filtermechanismen beruhen im Wesentlichen auf unseren Prägungen. Sowohl die Auswahl, die unser Gehirn trifft als auch unsere Bewertung dieser Informationen formen also unsere Wahrnehmung der Realität, auf die wir wiederum mit unseren Gedanken, Gefühlen und somit unserem ganzen Körper reagieren. Prüfungsangst ist somit kein Schicksal, dem man sich ergeben muss. Denn wenn Angst meist unbewusst erlernt worden ist, dann kann man sie auch wieder verlernen. Was ist also zu tun?

Die Fortsetzung finden Sie hier: Prüfungsangst Teil 2: Die Angst in den Griff bekommen

 

Julia Reinhardt, Redaktion agrarmanager

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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